MIGRATION IM SCHULISCHEM KONTEXT
Migration im schulischem Kontext
Mona Massumi
1. Definition
Als neu zugewandert werden Schüler*innen (Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene) bezeichnet, die ihre Schulbiographie in Deutschland nicht ab der ersten Jahrgangsstufe beginnen, sondern migrationsbedingt erst später ins deutsche Schulsystem einsteigen. Häufig haben diese Schüler*innen ihre Schulbiographie außerhalb von Deutschland begonnen und bringen bereits Schulerfahrungen mit. Dies muss jedoch nicht zwangsläufig der Fall sein. Ziel des deutschen Schulsystems ist, neu zugewanderten Schüler*innen so schnell und gut wie möglich, eine erfolgreiche Teilnahme am Regelunterricht zu ermöglichen. Dafür werden vor allem ausreichende Deutschkenntnisse als zentral gesehen. Vor diesem Hintergrund kann erklärt werden, warum der anfängliche Fokus der Beschulung in der Deutschförderung neu zugewanderter Schüler*innen liegt.
2. Wichtigkeit im Kontext von Schule
Migration ist Normalität in einer Migrationsgesellschaft. Auch wenn Migration in unterschiedlichen Dynamiken stattfindet, bilden neu zugewanderte Schüler*innen immer einen Teil der gesamten Schüler*innenschaft und müssen im Rahmen einer migrationssensiblen Schul- und Unterrichtsentwicklung stets mitgedacht werden.
3. Besondere Rolle von Lehrkräften mit Zuwanderungsgeschichte
Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte können Ressourcen mitbringen, die in der Arbeit mit neu zugewanderten Schüler*innen hilfreich sein können. So könnte beispielsweise ihre Mehrsprachigkeit im Unterricht, in Beratungssituationen o.Ä. produktiv genutzt werden. Lehrkräfte mit eigener Migrationserfahrung teilen mit neu zugewanderten Schüler*innen den Erfahrungsraum in Bezug auf erschwerte Bedingungen im Bildungssystem, etwa aufgrund des späteren Deutscherwerbs. Hinzu kommt bei Lehrkräften mit eigener Fluchterfahrung, dass sie aus eigener Erfahrung für die restriktiven Asylbedingungen sensibilisiert sind und die Auswirkungen auf die psycho-emotionale Verfassung kennen, welche Einfluss auf die (schulische) Entfaltung von Asylsuchenden nimmt.
4. Projekte/Initiativen
Es gibt mittlerweile an einigen lehrer*innenbildenden Universitäten Projekte, die sich für die Professionalisierung von Lehramtsstudierenden im Kontext von Neuzuwanderung (und somit zugleich Unterstützung von neu zugewanderten Schüler*innen) einsetzen. Zu nennen ist beispielsweise das Projekt PROMPT! an der Universität zu Köln oder die Entwicklung von Lehrmaterialien für Willkommensklassen von proDaZ an der Universität Duisburg-Essen. Außerdem gibt es auch zahlreiche Projekte sowie Initiativen von Schulen, Jugendeinrichtungen, Kommunen, Vereinen, im Ehrenamt etc., die sich für die Unterstützung neu zugewanderter Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener einsetzen.
Literaturhinweise
- von Dewitz, Nora/Terhart, Henrike/Massumi, Mona (Hrsg.), Neuzuwanderung und Bildung. Eine interdisziplinäre Perspektive auf Übergänge in das deutsche Bildungssystem. Weinheim: Beltz Juventa. Zum Buch
- El-Mafaalani, A./Massumi, M. (2019): Flucht und Bildung. State-of-Research Papier 08a, Verbundpro-jekt ‚Flucht: Forschung und Transfer‘, Osnabrück: Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück / Bonn: Internationales Konversionszentrum Bonn (BICC). Zur PDF
- Massumi, Mona (2019): Migration im Schulalter. Systemische Effekte der deutschen Schule und Bewältigungsprozesse migrierter Jugendlicher. Berlin u.a.: Peter Lang. Zum Buch
- Massumi, Mona et al. (2015): Neu zugewanderte Kinder und Jugendliche im deutschen Schulsystem. Bestandsaufnahme und Empfehlungen. Köln: Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, Zentrum für LehrerInnenbildung, Arbeitsbereich Interkulturelle Bildungsforschung an der Universität zu Köln Zur PDF